Wahlkampf 2009: Grassroots Campaigning

Man lernt ja immer wieder neue, vor allem angelsächsische, Begriffe kennen, zu denen man oftmals zuerst gar keine Assoziation aufbauen kann und man sich fragt, ob man etwas verpasst hat. Mir ging das kürzlich so mit dem Begriff Grassroots Campaigning im Zusammenhang mit der Hessen-Wahl, der anstehenden Bundestagswahl 2009 sowie den verschiedenen Landtagswahlen z.B. in Thüringen. Hintergrund waren die verschiedenen Aktivitäten des Hessischen SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel im Internet und die Feststellung eines Marketing-Spezialisten – den Namen habe ich leider nicht mitbekommen -, dass das Grassroots Campaigning im Wahlkampfjahr 2009 in Deutschland eine stärkere Bedeutung bekommen hat.

Wortwörtlich bedeutet der Begriff Graswurzel-Kampagne und steht – soweit ich das bisher verstehe – für die gezielte Direktansprache (z.B. per SMS, Telefon, eMail, Internet) von potientiellen Unterstützern (z.B. Kunden oder Wählern) mit dem Ziel, diese zu mobilisieren. Also im Rahmen eines Wahlkampfes weg von einer flächendeckenden Wahlkampagne, die mit einer hohen Streubreite alle Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, sondern hin zu fokussierten Aktionen, die speziell diejenigen Wählerschichten erreicht, bei denen man von einer hohen Interessensidentität ausgeht. Während in den USA diese Art der Kampagnenführung bereits seit Jahren etabliert ist, rückt dieses Thema in Deutschland erst langsam in den Fokus.

Gerade die Möglichkeiten des Internets – Schlagwort web 2.0 – ermöglichen es, schnell und relativ einfach solche Kampagnen anzustossen. Thorsten Schäfer-Gümbel z.B. nutzte sehr intensiv den Mikroblog-Dienst Twitter während der Hessen-Wahl und konnte dadurch wohl seinen Bekanntheitsgrad gerade bei jüngeren Wählern erhöhen. Aber auch andere Web-Plattformen wie YouTube werden zunehmend von Deutschen Politikern für die Aussendarstellung genutzt. Eine sehr interessante Studie hierzu habe ich bei netzpolitik.org gefunden: 3. Kurzstudie: Politik im Web 2.0 – Zwischen Strategie und Experiment. Seit Sommer 2008 werden dort alle drei Monate das Engagement der Parteien im Bereich Social Web analysiert. Welche Plattformen werden verstärkt genutzt, welche Parteien sind wie aktiv. Und es sieht danach aus, dass es deutliche Unterschiede gibt. Gerade die „kleineren“ Parteien scheinen hierauf mehr Fokus zu legen, als die etablierten Parteien.

Mein Fazit ist, dass wir 2009 deutlich mehr politische Maßnahmen jenseits der klassischen Wahlplakate und TV-Diskussionsrunden erleben werden. Im Grunde genommen eine konsequente Entwicklung, da die Möglichkeiten des Internets als Informationsplattform immer noch nicht vollständig ausgereizt werden. Große Wählerbewegungen wird man damit zwar sicherlich nicht erreichen können, die teilweise knappen Ergebnisse bei den jüngsten Wahlen haben gezeigt, dass die Parteien um jede Stimme werben müssen.